Die erste Wallfahrt
Im Jahre des Herrn 1996 fand die erste große Wallfahrt zu einer neu
entdeckten Herrenreliquie des in Trier geborenen Karl Marx statt. Das
erstmals ausgestellte Beinkleid (vulgo: Unterhose) von Karl Marx zog in
der 39 Tage dauernden Ausstellung eintausendachtundvierzig Pilger an.
Relativ wenig, wenn man bedenkt, dass es sich hier um eine ganz
unverhofft aufgetauchte Berührungsreliquie des großen Philosophen
handelt. Zum Wesen der Reliquie gehört die Authentizizät, besonders
dann, wenn es mehrere Exemplare der gleichen Reliquie gibt. „Eine
Reliquie muss eine Provenienz haben, eine nachweisbare (wenn auch nicht
unbedingt berweisbare)Geschichte. In der Trierer Ausstellung zeigen die
sakralesk eingerichtete Unterhose des Philosophen Karl Marx und ihre
Auffindungsgeschichte, wie nahe Glaube und Wahrheit beieinander liegen.
Diese bilden die Grundlage, auf der Historie entsteht. Der
nachgewiesene Fakt, dass es sich hier nicht um eine beliebige Unterhose
handelt, schließt nicht aus, dass es sich nicht um eine Reliquie
handelt. Die Hose wird reliquienwürdig, weil sie ein Eigenleben
entwickelt. Der dialektische Widerspruch zwischen einer beliebigen
Kaufhaus-Unterhose und der des Philosophen Karl Marx kann letztlich nur
in der Reliquienhaftigkeit der letzteren aufgelöst werden... Ein
weiteres Kriterium für das Vorliegen einer Reliquienqualität ist die
Heiligkeit des Objektes. Diese manifestiert sich
1. im Ungenauen und Ungewissen, der Skurrilität des Gegestandes selbst,
2. in den feiwillig (ohne äußeren Zwang) diesem Ggenstand gegenüber
dargebrachten Affekten sowie
3. der despotischen Deklaration und handhabe der jeweiligen
Reliquienbesitzer“